Gegen (fast) alles ist ein Kraut gewachsen: Freisinger Apotheker informieren über Heilpflanzen im Apothekergarten der HSWT

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Wer sich in Freising und Umgebung für Pflanzenheilkunde interessiert, der kennt ihn: den Apothekergarten der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). Idyllisch im Oberdieckgarten am Weihenstephaner Berg gelegen, lockt er in der Vegetationszeit viele Besucher an. Der Eingang befindet sich direkt am "Weihenstephaner Fußweg", der direkten fußläufigen Verbindung von der Freisinger Altstadt zum Weihenstephaner Berg.

Fachkundige Führungen im kleinen Kreis

Der Freisinger Apotheker Dr. Johannes Schweiger (Dom-Apotheke) und die Apothekerin Ingrid Kaiser (Engel-Apotheke) sorgen jedes Jahr dafür, dass Interessierte nicht nur die mit großer Sorgfalt kultivierten Arzneipflanzen bewundern können, sondern dass auch das Wissen um deren Verwendung in der Phytotherapie und Pharmazie "unters Volk" kommt. Schweiger leitet seit über 20 Jahren Führungen durch den Apothekergarten und war maßgeblich an dessen Planung und Neukonzeption im Zuge der Neugestaltung des Oberdieckgartens in den Jahren 2010 und 2011 beteiligt.

Mit großem ehrenamtlichen Engagement begeisterten Schweiger und Kaiser auch dieses Jahr zwischen Ende Juni und Mitte Juli rund 50 Interessierte in fünf kostenlosen Führungen mit ihrem enormen Wissen über die einheimischen Arzneipflanzen. "Es macht einfach Freude, mit verschiedenen Gruppen gemeinsam durch den Apothekergarten zu gehen und modernes Wissen zu den Heilpflanzen zu vermitteln", begründete Schweiger im Gespräch mit der HSWT sein Engagement.

Der alteingesessene Freisinger Apotheker ging in seiner Führung auf klassische Anwendungsbereiche wie Tees, kalte Kräuterauszüge, Salben und Tinkturen ein. In modernen Anwendungsverfahren würden heute zunehmend Spezialextrakte hergestellt, erläuterte der Pharmazeut. Während man früher eher einzelne Wirk- und Inhaltsstoffe aufbereitet hätte, werde heute vorwiegend die Wirkstoffkombination der ganzen Pflanze geschätzt. Je nach Pflanze werden entweder die oberirdischen Teile, also Blätter, Blüten und Samen, oder die unterirdischen Teile wie Wurzel und Rhizome verwendet. Im Unterschied zur Homöopathie, so Schwaiger, verwende man für pharmazeutische beziehungsweise phytotherapeutische Zwecke die Pflanzenbestandteile mit dem höchsten Wirkstoffgehalt.

Ob zu Johanniskraut, Hopfen, Baldrian, Lavendel und Melisse oder weniger bekannten Heil- und Arzneipflanzen, stets weiß der versierte Fachmann eine kleine Geschichte zu erzählen. Im lockeren Gespräch mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gab es viele praxisnahe Informationen, keine Frage blieb unbeantwortet. "Rausgehen in den Garten, sich Zeit nehmen beim Sammeln und Zubereiten", damit beginnt laut Schweiger bereits die Wirkung beispielsweise eines entspannenden Teeaufgusses von Melisse. Viele Heilpflanzen haben mehrfache Wirkungen, so der Apotheker. Rosmarin etwa wirke verdauungsfördernd, gleichzeitig belebe er das Nervensystem und sei durchblutungsfördernd sowie schmerzstillend. Derlei Pflanzen finden sich im Apothekergarten dementsprechend bei verschiedenen Indikationsgebieten. Zum Mutterkraut, das im Indikationsgebiet "Schmerzen" angepflanzt ist, berichtete Schweiger, dass vor Kurzem bei einer Führung zwei Personen die Blätter gekaut und relativ schnell eine positive Wirkung gegen Kopfschmerzen erfahren hatten.

Bei Fragen des Anbaus der Heilpflanzen verwies Schweiger darauf, dass hier die Kompetenz eindeutig bei den Weihenstephaner Gärten liege. Er hob den tadellosen Zustand der Arzneipflanzen und das zugrundeliegende hohe persönliche Engagement von Ulrike Leyhe, der technischen Leiterin der Weihenstephaner Gärten, hervor. Ferner betonte er, dass die Zusammenarbeit mit Leyhe und Prof. Dr. Hertle, dem wissenschaftlichen Leiter der Weihenstephaner Gärten, ausgesprochen gut sei, auch was seine eigenen Vorstellungen vom Apothekergarten betreffe.

Vision für den Apothekergarten aus Sicht eines Pharmazeuten

Was ihm bezüglich der Weiterentwicklung des Apothekergartens beziehungsweise des Wissenstransfers auf dem Herzen liege? "Ich habe schon immer mal überlegt, einen jährlichen ganztägigen "Apothekergarten-Event" für die Öffentlichkeit zu organisieren". Und einen Heilpflanzenführer speziell zum Weihenstephaner Apothekergarten würde er gerne einmal verfassen. Auch seinen absoluten Traum verriet er: Ein wissenschaftliches Symposium zu moderner Phytotherapie in Weihenstephan.

Der Apothekergarten der HSWT

Der Apothekergarten wurde im Zuge der Neugestaltung des Oberdieckgartens zwischen 2010 und 2011 neu geplant und bepflanzt. Insgesamt werden hier 140 bis 150 Arzneipflanzen nach verschiedenen Indikationsgebieten angebaut.

Der Oberdieckgarten, der den Apothekergarten beherbergt, ist von Anfang April bis Ende Oktober von 9.00 bis 18.00 Uhr für Besucher geöffnet, auch an Sonn-und Feiertagen.

  • Franziska Reinhard präsentiert Ergebnisse der Jahre 2018/19 aus dem Projekt "Rückstandsarme Obstproduktion – Modellanlagen zur Weiterentwicklung des Integrierten Pflanzenschutzes".
    Natürlich durften die Besucherinnen und Besucher unter fachkundiger Anleitung von Dr. Schweiger (3. v. li.) auch schmecken, riechen und probieren. (Foto: G. Radlmayr)
  • Johannes Werth erläutert Ergebnisse aus dem Projekt "Entwicklung nachhaltiger Strategien zur Unkrautbekämpfung im Obstbau".
    Indikationsgebiet "Atemwegserkrankungen", purpur blühend der Sonnenhut Echinacea sp. (Foto: F. Kohlrausch)
  • Ute Wilhelm informiert über Ergebnisse zum Auftreten von Schorf und Bakterienbrand im Bio-Birnenanbau.
    Der Apothekergarten Weihenstephan im Oberdieckgarten, links im Hintergrund das Löwentorgebäude der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. (Foto: F. Kohlrausch)
  • Indikationsgebiete im Weihenstephaner Apothekergarten (Foto: Weihenstephaner Gärten)

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