Niall Palfreyman
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Prof. Dr. Niall Palfreyman

„Ohne Spaß und Neugier kann niemand lernen“

Spricht man mit Niall Palfreyman über seine Arbeit, geht es um Grundsätzliches, denn er denkt die Dinge bis zu ihrer Wurzel. „Lernen ist ein gemeinsamer Prozess von Lehrenden und Studierenden“, sagt der Professor für Bioprozessinformatik. Diesen Prozess möglichst gut zu managen, liegt dem gebürtigen Engländer am Herzen, und das nicht erst seit er zum Wintersemester 2000 an die HSWT gekommen ist. Damals war er einer der Professoren, die für den neu eingeführten Bachelorstudiengang Bioinformatik eingestellt wurden.

Lernen ist Leben

Bereits während seines Studiums beschäftigte er sich nicht nur mit den Inhalten an sich, sondern auch damit, wie man diese lehrt und lernt, belegte neben mathematischer Physik auch Lernpsychologie. Die Kombination aus theoretischen Überlegungen und praktischer Anwendung in der Lehre war es auch, was ihn an die HSWT zog, ebenso die Praxisnähe. So wechselte er von seinem Job als Softwareentwickler in die Hochschullehre und -forschung.

Lange Zeit war Niall Palfreyman Didaktikmentor und er engagiert sich seit Jahren dafür, jungen Menschen insbesondere die MINT-Fächer näherzubringen, etwa im Rahmen der Kinderuni. „Lernen ist das, was Leben vom Nichtleben unterscheidet“, sagt er. Zum einen haben nur lebende Organismen die Fähigkeit, Probleme nicht nur zu lösen, sondern auch im eigenen Interesse Fragen an ihre Umwelt zu stellen. Zum anderen füllt Lernen das Leben an. Was dazu nötig ist? „Spaß und Neugier, ohne das kann niemand lernen“, antwortet Niall Palfreyman. Er erwartet aber nicht, dass Studierende und Schüler:innen davon einen unerschöpflichen Vorrat mitbringen, sondern betont: „Es liegt ausdrücklich in der Verantwortung von uns Lehrenden, das in den Lernenden zu wecken und aufrechtzuerhalten: Die Neugier für ein Fachgebiet und den Spaß daran.“ Da die MINT-Fächer viele mit ängstlichem Respekt erfüllten, sei das insbesondere in diesen Fachgebiet wichtig, auch um beispielsweise unverhältnismäßig hohen Abbrecher:innenquoten vorzubeugen.

Das Wesen der Lehre

Und was macht gute Lehre aus? „Die Einsicht, dass unterrichten radikal unmöglich ist“, betont der 63-Jährige. „Menschen und andere Lebewesen sind keine passiven Empfänger der Welt um sie herum, sondern kreieren sie durch ihr Handeln. Man kann niemandem Wissen 'schenken' - er oder sie muss es selbst konstruieren.“ Wenn man beispielsweise als Lehrender davon ausgeht, dass man ein Thema ausführlich genug erklärt hat, die Studierenden in der Prüfung aber schlecht abschneiden, dann sei das darauf zurückzuführen, dass die Erläuterungen anders interpretiert wurden, als gedacht. „Es ist nicht die eine oder die andere Seite schuld“, sagt Palfreyman, „sondern im gemeinsamen Prozess ist etwas nicht so gelaufen wie erwartet.“

Professor:innen und Lehrer:innen falle es oft nicht leicht, über die Qualität ihrer Lehre zu sprechen. „Wer lehrt, ist verwundbar“, sagt Niall Palfreyman. „Denn wer lehrt, schließt sozusagen tagtäglich persönliche Verträge ab mit den Lernenden: Man zeigt ihnen die eigene Leidenschaft für ein Thema und hofft auf dasselbe von ihnen.“

Eine weitere Herausforderung bei der Beschäftigung mit Lehre und ihrer Optimierung sei das relativ verbreitete Missverständnis, dass nur die Lehre von der Forschung profitiert und nicht auch andersherum. „Dabei“, sagt Palfreyman, „bringt die Notwendigkeit, in der Lehre komplexe Sachverhalte verständlich aufzubereiten, enorme Früchte für die Forschung: Man kann ein Thema genauer erforschen, wenn man in der Lage ist, es für andere schlüssig darzustellen, denn das ordnet zugleich das eigene Denken.“

Aus Erfahrung wächst Verständnis

An der Arbeit mit Studierenden gefällt ihm besonders, sich mit jungen Menschen über ein Thema austauschen zu können, das ihn selbst fasziniert, nämlich die Mathematik. Und: „Ich schätze es, mitzuerleben, was für eine Energie die Studierenden haben und wie unverstellt da manchmal die Emotionen sind, die positiven wie die negativen. Ich finde es außerdem toll, wie viel gegenseitiges Verständnis und gegenseitigen Respekt sie einander zeigen.“

Um sich die Fähigkeit zu erhalten, sich in den Blickwinkel anderer, speziell seiner Studierenden, hineinversetzen zu können, hält der Vater zweier erwachsener Kinder ganz bewusst eigene Erinnerungen aufrecht. „Ich war auch mal der nervöse Prüfling, sicher auch mal der anstrengende Besserwisser“, sagt er. „Statt diese Erinnerungen von mir wegzuschieben, um sie zu vergessen, nutze ich sie, um anderen mit mehr Verständnis zu begegnen.“

Freilich ist auch er selbst in vielen Aspekten Lernender. Zum Beispiel, wenn er sein Spiel auf der Gitarre weiter verbessert. Der Wahl-Freisinger ist Teil der Irish-Folk-Band „Riverrun“. Damit verbunden ist auch ein Ereignis, das Niall Palfreyman aus seinen mehr als zwei Jahrzehnten an der HSWT besonders in Gedächtnis geblieben ist: Der Auftritt im Freisinger Asam-Saal anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Hochschule im Jahr 2001. Damals hatte keine Pandemie einen Strich durch die Veranstaltungsplanung gemacht. „Meine Freunde Robert und Brigitte und ich sind als die „Green Peas“ aufgetreten und haben Rock-Lieder aus dem HSWT-Gründungsjahr 1971 aufgeführt. Auch Professor Frank Leßke hat kurz auf der Bühne mit uns mitgesungen. Das war ein sehr schönes Projekt und ist eine wertvolle Erinnerung an Robert, der mittlerweile leider verstorben ist.“

Wer Riverrun live erleben möchte, hat dazu – sofern es die Coronabestimmungen zulassen – an jedem dritten Montag im Monat beim irischen Ceilidh-Tanzen im Freisinger Pfarrsaal St. Lantpert Gelegenheit.