Verkaufsbereitschaft für biogene Ressourcen – Marktpotenzial von Stroh in Abhängigkeit des landwirtschaftlichen Entscheidungsverhaltens

Promovierende Person
Dr. rer. pol. Cord-Christian Gaus
Forschungsschwerpunkt
Nachwachsende Rohstoffe
Zeitraum
20.09.2012 – 26.04.2018
Wissenschaftlich betreuende Person (HSWT)
Prof. Dr. Klaus Menrad
Einrichtung
Fakultät Gartenbau und Lebensmitteltechnologie
Standort Straubing für nachhaltige Ressourcennutzung
Wissenschaftlich betreuende Person (extern)
Prof. Dr. Ennod Bahrs
Technische Universität München

Abstract

Der Einsatz von Biomasse wird als einer der wesentlichen Handlungsstränge für einen Rohstoffwandel in der Wirtschaft im Sinne einer Bioökonomie gesehen. Um eine mögliche Konkurrenz zwischen Nahrungsmittelproduktion und der Nutzung von Biomasse für stoffliche oder energetische Zwecke zu vermindern, wird häufig auf den Einsatz von biogenen Reststoffen oder Koppelprodukten z. B. aus der Landwirtschaft, Forstwirtschaft oder der Lebensmittelverarbeitung verwiesen, ohne dass bei den zugrunde liegenden Potenzialabschätzungen dem Verkaufsverhalten der Landwirte, insbesondere bei einem Koppelprodukt wie Stroh, das auch in der Landwirtschaft wichtige Funktionen erfüllt, besondere Beachtung geschenkt wird. Vor diesem Hintergrund analysiert Dr. Gaus in seiner Dissertation die Entscheidungsfindung und die Verkaufsbereitschaft von Landwirten für biogene Ressourcen am Beispiel Stroh. Dabei untersucht er v.a. den Einfluss verschiedener Faktoren auf die Entscheidung von Landwirten für den Strohverkauf, und unter welchen Bedingungen dieser realisiert werden kann. Diese Erkenntnisse nutzt er auch, um das für Bayern daraus resultierende Potenzial für diese biogene Ressource abzuschätzen.

Basierend auf einer Literaturanalyse hat Dr. Gaus zunächst leitfadengestützte Tiefeninterviews mit insgesamt 15 Experten durchgeführt, um aus der wissenschaftlichen Literatur identifizierte Einflussfaktoren für den Strohverkauf der Landwirte zu validieren. Dieses Untersuchungsgerüst bildet die Basis für eine schriftliche Befragung von 15.000 landwirtschaftlichen Betrieben mit Strohaufkommen in Bayern im Januar 2014, die mittels eines weitgehend standardisierten Fragebogens umgesetzt wurde. Insgesamt haben 4.533 Befragte den Fragebogen beantwortet, was einer hohen Rücklaufrate von 30 % entspricht. Die Stichprobe spiegelt auch die Grundgesamtheit der getreideproduzierenden landwirtschaftlichen Betriebe in Bayern gut wieder.

Untersuchungen zur bisherigen Verwendung von Stroh zeigen, dass in den Jahren 2011 bis 2013 9 % des jährlichen Strohaufwuchses in Bayern in den Verkauf gingen und etwa 40 % der Landwirte bislang schon Stroh verkauft haben. Etwas mehr als die Hälfte der Landwirte sind bereit, Stroh in Zukunft zu verkaufen, insbesondere falls sie keine wesentlichen zusätzlichen Arbeitsschritte übernehmen und sich nicht vertraglich binden müssen. Zwar steigt die Verkaufsbereitschaft bei höheren als bislang am Markt erzielbaren Preisen für Stroh partiell an, jedoch liegt in allen untersuchten Szenarien die verfügbare Getreidestrohmenge maximal bei etwa einem Drittel der vorhandenen Strohmenge, da die befragten Landwirte Nachhaltigkeitsaspekten eine hohe Bedeutung beimessen.

Mittels eines Strukturgleichungsmodells wird die Bedeutung verschiedener Einflussfaktoren für die Verkaufsbereitschaft der Landwirte für Stroh analysiert. Dabei zeigt sich, dass sich die Einstellung der Landwirte zum Strohverkauf stark auf ihre Verkaufsbereitschaft für dieses Produkt auswirkt. Daneben beeinflussen die Familie, das berufliche Umfeld, der arbeitswirtschaftliche Nutzen eines Strohverkaufs sowie die Innovationsneigung die Bereitschaft der Landwirte zum Strohverkauf. Kann durch den Strohverkauf aufgrund eines gesenkten Krankheitsdrucks und einer geringeren Arbeitsbelastung nach der Getreideernte ein arbeitswirtschaftlicher Nutzen erzielt werden, hat das einen positiven Einfluss auf die Verkaufsbereitschaft für Stroh. Negativ wirkt sich hingegen aus, wenn die Landwirte dem Bodenschutz eine hohe Bedeutung beimessen oder sie beim Strohverkauf hohe z.B. zeitliche oder witterungsbedingte Risiken erwarten. Insgesamt bringt die Arbeit von Dr. Gaus wichtige empirische Erkenntnisse in einem national und international noch wenig bearbeiteten Forschungsfeld.