Internationale Moorkonferenz der HSWT: Wissenschaft, Politik und Praxis der Wiedervernässung im Fokus

  • Datum: 26.09.2024
Gruppenfoto der ca. 290 Teilnehmenden vor dem Konferenzgebäude der iPSC
© Josef Gangkofer

Weihenstephan – Die erste „international Peatland Science Conference“ (iPSC) des Peatland Science Centre (PSC) an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) fand vom 18. bis 21. September 2024 statt. Mit dem Thema „Peatlands and Ecosystem Functions” bot diese eine ideale Austausch- und Vernetzungsplattform für die Moorforschung sowie deren Transfer in Politik und Praxis.

„Um die hochgesteckten Ziele bei der Treibhausgasminderung durch biologische Senken, erreichen zu können, müssen wir dringend Brücken zwischen der Wissenschaft der Moorforschung und den politischen Entscheidungsträger:innen sowie den Ausführenden in der Praxis schlagen. Genau das war die Intention der ersten iPSC am Campus Weihenstephan,“ sagt Prof. Dr. Matthias Drösler, Leiter des PSC an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). „Das zentrale Thema waren die Moore in all ihren Facetten – sei es im Hinblick auf Klimaschutz, den Schutz der Biodiversität, die Rückhaltung von Wasser oder die nachhaltige Produktivität. Diese unterschiedlichen Aspekte wurden intensiv mit dem Fachpublikum ausgetauscht. Und ich bin sehr zufrieden, dass dies auf Anhieb so gut gelungen ist,“ so Professor Drösler weiter.

An der ersten internationalen Moorkonferenz des PSC am Campus Weihenstephan nahmen insgesamt 290 Personen aus aller Welt teil. Neben Teilnehmenden aus Deutschland und den Nachbarländern (Schweiz, Österreich, Dänemark, Niederlande) waren auch Session Chairs, Keynote Speaker und Vortragende aus Kenia, Ecuador, Kolumbien, Italien, Schweden, Somalia, der Mongolei, Großbritannien, Irland, dem Baltikum, Malaysia, den Philippinen und der Ukraine dabei. Darunter waren Wissenschaftler:innen vieler großer Moorforschungsinstitutionen wie dem Thünen Institut für Agrarklimaschutz und dem Greifswald Moor Centrum, die zusammen mit dem Peatland Science Centre die Moorforschung deutschlandweit maßgeblich mitgestalten.

Diese Konferenz fügt sich zeitlich zwischen andere große internationale Moorkonferenzen ein wie z.B. die Renewable Resources From Wet And Rewetted Peatlands (RRR) des Greifswald Moor Centrums im September 2025. Die iPSC bot eine wichtige Möglichkeit für den wissenschaftlichen Austausch und das Knüpfen neuer Kontakte. Die Tagung war eine erfolgreiche Plattform für den Einblick in den Stand des Wissens und in die politischen und praktischen Handlungsnotwendigkeiten für die Transformation zu einer nassen Bewirtschaftung. Ebenso wurden aber auch thematische und räumliche Kenntnislücken identifiziert, die in Form von Forschungskooperationen adressiert werden sollen. Ein Beispiel ist der nun geplante Beitritt des PSC zur Global Peatlands Initiative (GPI).

Pre-Conference Workshops                            

Die Konferenz startete am Mittwoch mit einer Reihe von praxisorientierten Workshops mit ca. 60 lokalen Akteuren aus Bayern und ganz Deutschland. Die Teilnehmenden konnten sich dabei intensiv mit den Themen (1) Methoden und Erfahrungen zur Kommunikation von Anpassungsprozessen in der Moornutzung (2) rechtliche Rahmenbedingungen für die Transformation zur nassen Bewirtschaftung (3) Renaturierungstechniken und hydrologische Randbedingungen für die erfolgreiche Wiedervernässung auseinandersetzen. Der Abend schloss mit einem Get together ab, bei dem rund 150 Konferenzgäste erste Kontakte in lockerer Atmosphäre knüpfen konnten.

Keynotes

Dr. Bärbel Tiemeyer, Thünen-Institut für Agrarklimaschutz Deutschland, versuchte in ihrer Keynote folgende Frage zu beantworten: „Kann ein verbessertes Wassermanagement die Treibhausgasbilanz von Mooren optimieren?“

Prof. Dr. Gennadi Sushko von der Staatlichen Universität Vitebsk, ging in seiner Keynote auf „Lebensraummerkmale und Artenvielfalt von Torfmooren in Belarus“ ein. Sushko widmet sich seit über 20 Jahren dem Studium der Moorökologie und der Artenvielfalt von Moorinsekten.

Prof. Dr. Gerald Jurasinski von der Universität Greifswald, Institut für Botanik und Landschaftsökologie, widmete sich dem transformativ sehr bedeutendem Thema „Menschen machen Moore - praktische Projekte und politische Prozesse zur Wiedervernässung von Mooren“. Er ist
Mitglied der Koordinatorengruppe des Greifswald Moor Centrums und betont die Wichtigkeit einer solchen Vernetzung: „Es ist wichtig, dass wir uns vernetzen – in Forschung, Praxis und Politik. Dafür ist eine Konferenz wie die iSPC hervorragend geeignet.“

Das Kollektiv MONAS um den Musiker und Klangkünstler Kurt Holzkämper bot einen kreativen Beitrag zur „Hörbarmachung“ von Prozessen im Moor: Nur nasse Moore klingen.

Die Tagung war in verschiedene Session aufgeteilt die u.a. folgende Themenfelder beleuchteten:

  • Exchange of greenhouse gases from organic soils (ENG)
  • Hydrological models for peatlands: processes, scales and applications (ENG)
  • Renaturierungspraxis in verschiedenen Moortypen und -landschaften (DE)
  • Rechtliche Herausforderungen und Anpassungsbedarf (GER)
  • Peatland conservation, restoration and management policies and programmes (ENG)

Paludi-Markt

Im Rahmen der Konferenz fand am 19. September der Paludi-Markt statt, bei dem alle Aussteller in einem zweiminütigen Pitch ihre Produkte bzw. ihre Ideen vorstellten. Anschließend wurde an den Ständen die Möglichkeit eines vertieften Austausches genutzt.

Tagesexkursionen in verschiedene Moorgebiete - von naturnah über renaturiert bis nachhaltig genutzt

Am Samstagmorgen starteten sechs parallele Tagesexkursionen von Freising aus in die Moor- und Moorforschungsgebiete (1) Karolinenfeld mit Koller- und Hochrunstfilz, (2) Schechenfilz und Benediktbeuern, (3) Bayerisches Donaumoos, (4) Schwäbisches Donaumoos und Dattenhauser Ried, (5) Bayerischer Wald sowie (6) Freisinger und Erdinger Moos. Dabei erlangten die Exkursionsteilnehmenden wertvolle Einblicke in die praktische Anwendung der Forschungsergebnisse.

Ausblick der ersten iPSC

Das PSC hat sich damit nun endgültig in Bayern, aber auch international als wichtige Institution in der Forschungslandschaft verankert und wird in Zukunft weiter zum wissenschaftlichen Austausch auf internationaler Bühne beitragen. Die erste iPSC kann damit der Auftakt zu einer Reihe weiterer erfolgreicher Moorkonferenzen werden.

Hintergrund

Europa trägt eine große Verantwortung für die Bewirtschaftung von Moorböden, da es nach Südostasien weltweit an zweiter Stelle bei den Emissionen aus entwässerten Torfgebieten steht. Innerhalb der Europäischen Union (EU) ist Deutschland der größte Gesamtemittent, obwohl es nur über die sechstgrößte Moorfläche verfügt. Die EU hat sich das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 gesetzt, Deutschland bis 2045. Ohne die Stärkung der Rolle der biologischen Senken wäre es jedoch völlig unmöglich, diese Ziele zu erreichen.

Bayern steht mit ca. 220.000 ha Moorböden an fünfter Stelle der moorreichen Bundesländer. Diese Flächen sind heute zu etwa 95% entwässert und werden meist land- oder forstwirtschaftlich genutzt. Die Tradition der klassischen entwässerungsbasierten Produktion auf 95% der Fläche führt nach den neuesten Ergebnissen aus dem KliMoBay-Projekt zu einem Ausstoß von jährlich ca. 6,7 Mio. t CO2-Äquivalenten. Dies entspricht um die 8% der bayerischen fossilen Gesamtemissionen. Vor dem Hintergrund der Klimaneutralitäts-Ziele Bayerns bis 2040 müssen in allen Sektoren alle vermeidbaren Emissionen unterbunden und unvermeidbare Emissionen ausgeglichen werden. Dies ist nur unter Einbezug der Moore möglich: Einerseits als Quelle und andererseits als mögliche Kohlenstoffspeicher. Das Stichwort „nature based solutions“ fällt oft in diesem Zusammenhang.

Gerne vermitteln wir einen Interviewtermin mit Prof. Dr. Matthias Drösler, Leiter des Peatland Science Centre (PSC) der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf.

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